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Was fehlt. Politisierung

Lesung-Diskussion-Party

13/09/2006, um 19:30 Uhr

Sophiensaele Berlin - Eintritt frei

Überall beschworen und allgemein verschwommen: Wo ist „Politik"? Manchmal scheint sie im hohen Haus stattzufinden, gelegentlich auf dem platten NoGo-Land, mitunter auf globalen Biennalen. Schengenraum, Bürger-Blog, Grundeinkommen, Sofabilder, Sweatshops, hochpolitische Soundflächen, Arbeit für Alle, Grenzwälle, ewiges Eigentum, inter-, trans- und supranationale Ströme, Exklusion der Verlierer, globaler Reichtum. Angesichts des Geschehens wird demokratische Kontrolle eindeutig anstrengender. Angeblich ist parlamentarische Politik bereits abgemeldet. „Beitragsbemessungsgrenzen", „Kettenduldungs- regelungen", „Netznutzungsentgelte". Vielleicht ist das gar keine „echte" Politik und die selbstzufriedenen Protagonisten machen sich lächerlich in ihrer simulierenden Behauptung, heute noch demokratische Politik in den dafür vorgesehenen Institutionen betreiben zu können. Doch Verbände, Assoziationen, Initiativen und Nicht- Regierungsorganisationen sind in bisher ungekannter Zahl in Berlin und Brüssel präsent, und die mediale Berichterstattung über Politik einschließlich diskutierender Nachbereitung in unzähligen Talksshows sorgt für ein Höchstmaß an Öffentlichkeit der institutionellen Politik. Politisch will auch die Kunst immer wieder sein, seit Jahren haben politische Formen, Inhalte, Interventionen Konjunktur auf dem Feld der internationalen Großausstellungen und Messen. Auch der boomende Kunstmarkt verschmäht sie nicht, die „politische" Kunst. Gleichzeitig drängt sich die Diagnose einer breiten gesellschaftlichen Entpolitisierung auf, gemessen vermutlich an einer idealisierten 68er Phantasie und den sozialen Bewegungen der 70er, wogegen die heutige Berliner Politikszene mit ihren Agenturen, Netzwerkern, Think Tanks, Pressemitteilungen und Beraterfirmen wie die ökonomistische Katastrophe erscheint. Gerne balgt man sich auch weiterhin um die so attraktive Rebellenpose. Vielleicht gehört die heute nicht mehr den routiniert Hotelzimmer zertrümmernden Popstars, den Provokationspäpsten der Theaterlandschaft oder den vor der Kamera „linke Tabus" brechenden Renegaten, sondern dem Steuerbuchhalter.

19:30-19:45
Vorstellung von polar
19:45-20:30
Lesung und Diskussion mit Feridun Zaimoglu
20:30–22:30
Podiumsdiskussion: Orte des Politischen mit Robert Misik, Hilal Sezgin, Peter Siller, Rahel Jaeggi u.a.
22:30-23:30

Lesung und Diskussion mit Kathrin Röggla
danach Party mit DJ Tobias Rapp